Zum Videomachen gehört er dazu: der Schritt ins (Scheinwerfer)-Licht. Und der ist oft, besonders als „Videoanfänger“, mit Aufregung verbunden – selbst wenn Du ja eigentlich mit der Kamera allein im Raum bist… In diesem Artikel gebe ich Dir Tipps, wie Du mit Kameraangst und Nervosität vor der Kamera am besten umgehst – und erkläre, warum ein wenig davon Dir sogar nützt.

Kameraangst

Lampenfieber ist Energie

Die Anspannung, die wir als „Lampenfieber“ bezeichnen, geht mit einer erhöhten Ausschüttung von Adrenalin einher. Dieses Hormon ist im Grunde nichts weiter ein „Antriebsstoff“, der die Muskeln im Körper für unbekannte Situationen in Aktionsbereitschaft versetzt. Es macht wach und bereit zum Handeln. Ein wenig Nervosität  vor dem Dreh ist also nicht nur hilfreich, sondern sogar notwendig für eine gute Performance. Im Englischen wird das auch als „Nervous Energy“ bezeichnet – darin steckt „Energy“, also Energie. Und Energie ist Dein Treibstoff für eine kraftvolle Ausstrahlung und Präsenz.

Wie wär es mit einem Perspektivwechsel? Sieh das Lampenfieber als Pferdestärke an – als Dein Krafttier. Ein Pferd soll nicht mit Dir durchgehen, sondern es ist dazu da, Dich zu tragen. Dazu will es beherrscht und geführt sein. Damit das gelingt, hab ich für Dich einige Tipps zusammengestellt.

Tipp Nr. 1: Gute Vorbereitung

Das beste Mittel gegen Nervosität ist und bleibt eine gute Vorbereitung. Je besser Du vorbereitet bist, desto ruhiger kannst Du in den Dreh gehen. Jede Unsicherheit, z.B. darüber, was Du genau sagen wirst oder ob Du den Text vergessen könntest, macht es Dir schwerer, dich vor der Kamera zu entspannen. Wenn Du Dir dagegen vorher klargemacht hast, wovon Du redest und wie Du es präsentieren möchtest, fühlst Du dich automatisch wohler. Ideal ist es, dein Skript vorher schon mal mit einem vertrauten Menschen als Feedback-Partner durchzugehen und zu üben. Außerdem mach Dich so weit wie möglich vorher mit Deiner Technik vertraut. Alles, was Dein Gefühl von Sicherheit und Kontrolle erhöht, beugt Lampenfieber vor.

Tipp Nr. 2: Raus aus dem Kopf – rein in den Körper

Im wahrsten Sinne des Wortes: Mach Deine Videos nicht vom Schreibtisch aus. Mach vor dem Dreh etwas, was Dich in den Körper bringt. Ob Du lieber joggen gehst, eine Runde tanzt oder einen Waldspaziergang machst, ist Typfrage. Oft reicht es auch schon, ein paar Mal auf und ab zu springen und den Körper einmal „auszuschütteln“, bevor Du die Kamera anmachst. Bewegung baut überschüssiges Adrenalin ab und ist ein gutes Mittel, die Aufmerksamkeit vom „Kopfkino“ des inneren Kritikers abzuziehen. Und: Deine Ausstrahlung gewinnt automatisch an Vitalität, wenn Du präsent in Deinem Körper bist

Tipp Nr. 3: Annehmen

Kämpfe nicht zu sehr gegen Dein Lampenfieber an, denn dadurch wird es in der Regel eher verstärkt. Das Lampenfieber zuzulassen, nimmt ihm oft schon die Gewalt. Gerade wenn die Kamera ein neues Kommunikationsmittel für Dich ist, ist eine gewisse Anspannung normal. Deine Nervosität zeigt einfach, dass Dir das, was zu sagen hast, wichtig ist. Ein Trick kann sein, die Symptome der Nervosität wie ein interessierter Forscher von außen zu beobachten. Etwa so: „Aha, jetzt zittern meine Hände.“ Und dann lass sie zittern und schau Dir das einfach neugierig an. Du kannst sogar einmal ausprobieren, das Symptom bewusst zu verstärken. Zuerst zittern die Hände dann vielleicht wirklich mehr, aber irgendwann kippt das oft um und Du wirst ruhiger. Das passiert, weil Du in eine Beobachterposition gewechselt bist und Dich nicht mehr komplett identifizierst und damit ausgeliefert fühlst.

Tipp Nr. 4: Atmen

Eine Schnellhilfe, falls die Nervosität überhand gewinnt: Konzentrier Dich aufs Ausatmen. Bei Anspannung atmen wir oft zu viel ein und vergessen das Ausatmen. Ausatmen entspannt und bringt „runter“. Hier eine kleine Atemübung: Atme locker ein und dann laaang wieder aus. Wenn Du das Ausatmen mit einem deutlichen Atemgeräusch (etwa so wie Darth Vader) oder einem Laut wie „Schschsch…“ oder „Fffffff…“ verbindest, ist das noch effektiver. Wenn Du das Ganze einige Male machst, haben sich Deine Nerven beruhigt, die Atmung vertieft und Du stehst wieder sicher auf Deinen Füßen.

Tipp Nr. 5: Rituale

Jeder Schauspieler, Sänger oder Fernsehmoderator hat sie – seine persönlichen Rituale zur Vorbereitung auf den Auftritt. Das kann sein, die Kleidung zu wechseln, ein bestimmtes Schmuckstück als Talisman anzulegen oder sich eine Thermoskanne mit dem Lieblingstee zuzubereiten. Oft gehören auch ein paar Aufwärmübungen für Körper, Stimme und Energieaufbau dazu. Schau es Dir von routinierten Bühnenmenschen ab und finde Deinen eigenen Ablauf, der Dir gut tut. Rituale beruhigen und geben Sicherheit. Sie schaffen Dir einen geschützten Übergang vom Alltags- zum Kamera-Modus.

Tipp Nr. 6: Humor

Nimm Dich selbst nicht zu ernst. Dein Thema ja, aber nicht Dich. Ein Stotterer oder Versprecher kann auch ein guter Anlass für ein befreiendes Lachen sein – das tut der Ausstrahlung garantiert besser, als Dich dafür zu kritisieren. Für manche ist es hilfreich, eine vertraute Person dabei zu haben, mit der Du zwischen den Takes Small Talk und Witze machst. Andere hängen sich ein Bild mit einem lustigen Gesicht an die Kameralinse. Oder wie wär es mit einem Plüschtier, dass Du auf die Kamera setzt und ansprichst?

Und dann… Mit den Schmetterlingen im Bauch abheben!

Nutze die Energie, die das Lampenfieber aufbaut. Begrüße die Schmetterlinge im Bauch – sie geben Dir Strahlkraft. Lampenfieber ist wie eine Welle, auf der Du surfen kannst. Mit den Tricks von oben wird sie Dich nicht überrollen. Und selbst wenn Du mal vom Brett fällst – dann lachst Du drüber, steigst wieder auf und… nimmst einfach einen neuen Take auf.

Ich wünsche Dir jedenfalls, dass Du Dein Lampenfieber genießen kannst – und immer ein wenig davon behältst. Denn, wie sagte Moderator Dieter Thomas Heck einmal: „Lampenfieber ist der Respekt vor dem Publikum.“

Juliane Niemann bei Google+

Tagged with →  

3 Responses to Nervös vor der Kamera? – Glückwunsch!

  1. Rita Kampmann sagt:

    Vielen Dank toll geschrieben!!

  2. Laurence sagt:

    Heey ich habe grade dein Bericht gelesen ich bin echt erstaunt wie klug und wie Hilfreich du für mich grade bist, ich habe seit Jahren Probleme vor der Kamera bin immer total angespannt und nervös obwohl ich gerne Bilder und Videos hochladen würde, aber die waren bis her immer nicht wie ich in Wirklichkeit aussehe, also meine Ausstrahlung ist nicht so gut wie sonst, danke dir für deine Tips. Würde mich sehr um eine Rückmeldung freuen,
    Gruß Laurence

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Du kannst folgende HTML-Tags benutzen: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>