Now or Never!

Während meines Studiums habe ich zusammen mit einigen Kommilitonen einen Kurzfilm produziert, in dem die handelnden Personen u.a. einen alten Elvis-Song im Radio hörten und diesen auch mitsummten. Es war einer seiner unbekannteren Titel: „Now or Never“ – und weil das so gut zur Handlung passte, und der gute Elvis mit seiner Stimme so eine tolle Stimmung erzeugte, haben wir den Film dann auch gleich nach diesem Song benannt und auch den Abspann mit der Musik unterlegt.

Der Film ist dann bei der internen Vorführung so gut angekommen, dass wir beschlossen, ihn zu diversen Festivals einzuschicken. Wir waren euphorisch und voller Tatendrang – bis mir (in meiner damaligen Aufgabe als Produzent) ein kleiner Haken bei dem Plan auffiel: Wir mussten für die Veröffentlichung die Musikrechte am Song klären. Und das ist in Deutschland nicht ganz ohne…

Musikrechte

Musikrechte: Musik hören ist das eine – Musik verwenden was ganz anderes…

Für jede Musik, die Du in einem Film oder Video verwendest, das öffentlich zu sehen ist, musst Du die Nutzungsrechte an Komposition UND Aufnahme besitzen. Hier kursieren, selbst bei gestandenen Filmproduktionen, nach wie vor Gerüchte wie: „7 Sekunden darf man frei verwenden“ oder „Instrumentale Teile darf man bis 15 Sekunden Länge verwenden“, aber bitte glaub mir: Das ist einfach Unsinn! Die Rechtsprechung ist eindeutig: „Kann man das Stück identifizieren, ist es geklaut, falls die Rechte nicht geklärt wurden.“ – und zur Identifikation braucht es meist nur 4 Töne… tatata taa.

In unserem Fall war klar: Der Song ist zu erkennen. Selbst wenn wir ihn aus dem Film und dem Abspann rausnehmen würden – die Protagonisten summten deutlich erkennbar dieses Lied. Dass wir schon damit ein Problem hatten, wurde uns erst viel später klar…

Das Recht an der Komposition: „Wer hat´s erfunden?“

Wollen wir ein Stück in einem Video nutzen, das öffentlich zu sehen ist, müssen wir das Nutzungsrecht für die Komposition haben. Erst wenn ein Komponist schon seit 70 Jahre tot ist, sind seine Kompositionen frei verwendbar. Das bedeutet für alle anderen in letzter Konsequenz folgendes: Ich darf noch nicht mal ein bekanntes Lied nachsingen oder eben sogar nur nachsummen in einem Video, ohne dies vorher mit dem Komponisten zu regeln.

Äh… und was ist jetzt eigentlich die GEMA?

Viele Komponisten wickeln die Rechte an ihrer Musik nicht selber ab, sondern lassen diese über die Verwertungsgesellschaft GEMA verwalten. Wenn ein Komponist sich bei der GEMA angemeldet hat, dann darf er tatsächlich keines seiner Werke mehr anderen zur Verfügung stellen, ohne die GEMA zu involvieren – selbst wenn er mit einem Kunden oder sogar Freund direkt einig wäre…

Die Abwicklung von Musikrechten mit der GEMA ist immer mit langwierigen Formalien verbunden, die 6 bis 12 Wochen dauern können (und entsprechende versteckte Verwaltungskosten beinhalten). Daher würde ich bei der Verwendung von Musik immer empfehlen, auf GEMA-freie Musik zurückzugreifen bzw. auf Komponisten, die eben nicht bei der GEMA angemeldet sind. (Da dies oft von Kunden gewünscht wird, haben viele Komponisten mittlerweile einen „Kollegen“, der nicht in der GEMA ist und über den sie dann entsprechend GEMA-frei abwickeln können.)

Wir hatten damals Glück: Elvis ist nicht in der GEMA!

Elvis war allerdings auch noch keine 70 Jahre tot. In diesem Fall mussten wir dann also seine Erben ausfindig machen. Dies gelang uns auch, wir fanden sie in Italien. Und siehe da: Sie würden uns die Verwendung erlauben. Für schlappe damals 1200 DM. Das wäre zwar heftig gewesen, aber vielleicht gerade noch so machbar. Schließlich wollten wir ja reich und berühmt werden mit dem Film. Wir schritten also zu Punkt zwei der Musikrechte-Abklärung:

Und dann ist da noch das Recht an der Aufnahme.

Neben den Rechten an der Komposition müssen auch die Nutzungsrechte an der eigentlichen Musikaufnahme vorhanden sein, um eine Musik legal einzusetzen. Das bedeutet, dass ich  zwar alle Kompositionen von Bach nutzen darf (weil schon 70 Jahre tot), aber keineswegs alle Aufnahmen von Bach, die ich in meiner Musiksammlung habe. Wenn das London Symphony Orchestra etwas aufnimmt, dann hat es natürlich auch die Rechte an der gemachten Aufnahme.

Im Fall, dass ein Komponist noch etwas jünger ist, heißt das also: Beide Rechte (Komposition UND Aufnahme) müssen geklärt werden. Meistens liegen diese allerdings nicht bei der selben Person oder Firma. So auch bei unserem Elvis-Song. Dennoch optimistisch traten wir also mit der Plattenfirma in Kontakt, die die besagte Aufnahme produziert hatte. Die böse Überraschung: Die Plattenfirma weigerte sich schlichtweg, über die Verwendung des Titels in unserem unschuldigen kleinen Studenten-Kurzfilm überhaupt auch nur in Verhandlung zu treten! Verwendung dafür nicht gestattet, Punkt.

Shit happens…

Wir konnten es kaum glauben: Unser ganzer Traum vom Festivalerfolg geplatzt, nur weil wir das Musikrecht an unserem Titelsong nicht hatten. Das bittere Ende der Geschichte war dann, dass wir den Film mit einer Portion Galgenhumor umbenannten in „Shit happens“ – und er seitdem in den Hochschul-Archiven versauert. Ade, Ruhm und Bekanntheit…

Und die Moral von der Geschicht?

Letzten Endes bedeuten diese Rechtsregelungen für die Video-Praxis: Vergiss für die Verwendung in Deinen Marketing Videos einfach jede Musik, die Du im Radio hörst oder auf CD oder bei iTunes und Co kaufen kannst. Deine Videos sind schließlich für die Öffentlichkeit gedacht – das ist ja gerade ihre Bestimmung und ihr Zweck. Sie sollen Dich ja bekannt machen. Und die Musikrechte an bekannten Musiktitel wirst Du entweder gar nicht bekommen oder sie werden unbezahlbar sein.

Was also tun um nicht arm zu werden oder illegal?

Erste Möglichkeit: Du findest einen Komponisten, der nicht in der GEMA ist, der Dir anständige Musik liefert und mit dem Du handelseinig wirst. Zweite Möglichkeit: Du gehst online zu einem der Anbieter von GEMA-freier Musik. Es gibt da unzählige – und da Video flächendeckend auf dem Vormarsch ist, werden es fast täglich mehr.

Es gibt diverse Datenbanken im Netz, die komplett lizenzfreie und damit auch kostenlose Musik anbieten. Nach meiner Erfahrung ist die Musik bei diesen Anbietern allerdings meist von einer Qualität, die keine konstruktive emotionale Wirkung bei Deinen Zuschauern entfachen wird (die klassische Fahrstuhlmusik…). Eine Ausnahme gibt es allerdings – die YouTube Audio Library, über die ich hier im Blog schon mal berichtet habe. Sie bietet teilweise sehr ordentliche Qualität, wenn auch nicht besonders viel Auswahl.

Wirklich gute Musik findest Du bei diversen Portalen, die GEMA-freie Musik verkaufen. Hier zahlst Du nur einmalig die Nutzungsrechte für Komposition UND Aufnahme in Form einer Lizenz und darfst dann das Musikstück für Deine Zwecke verwenden. Achte dabei aber darauf, dass es verschiedene Arten von Lizenzen gibt. Für Deine Marketing Videos brauchst Du  immer eine Lizenz, die Dir den kommerziellen Gebrauch für Deine Anwendung gestattet – aber in der Regel benötigst Du natürlich keine Lizenz für beispielsweise “TV und Kino”.

Bleibt die Frage: Wie erkenne ich gute Anbieter?

Welche Kriterien gibt es für die Auswahl einer guten Musik-Datenbank? Was ist dabei zu beachten? Wie finde ich am schnellsten die passende Musik? Dazu erfährst Du mehr im nächsten Artikel. Darin gebe ich Dir auch meine persönlichen Empfehlung für ein gutes Musikportal und zeige Dir per Video, wie Du damit am besten arbeitest.

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7 Responses to Musikrechte: Damit aus “Now or Never” nicht “Shit happens” wird

  1. Eva sagt:

    juhuu! ich kenn einen Komponisten! naja, ob er für Werbe-Videos geeignet ist? hat aber auch schon Musik für’n Film gemacht. Er ist vorwiegend Synchronsprecher. Heisst Florian Halm, ist mein Bruder, und wohnt in Berlin. ich mach ja immer noch keine Videos, aber falls ihr mal einen brauchen könnt…
    ansonsten vielen Dank für den wie immer wertvollen Beitrag!

    • Hi Eva,

      das passt ja gut! :-) Jetzt ist natürlich die spannende Frage: Ist Dein Bruder in der GEMA oder nicht?

      Bin gespannt! ;-)

      Viele Grüße
      Markus

      • Eva sagt:

        ned, daß i wüßt. aber sicherheitshalber sollte man ihn natürlich fragen. wenn ich einen BewegungsKurs leite und dabei seine Musik benutze, ist normalerweise keiner von der GEMA dabei, und sein persönliches OK hab ich ja :-)
        saluti, Eva

        • Mann weiß nie! ;-) Auch Leute die bei der GEMA arbeiten bewegen sich vielleicht mal (aber ist schon eher unwahrscheinlich) – für alle die seine Musik auf YouTube verwenden wollen ist noch interessant zu wissen: Die GEMA ist auf YouTube unterwegs und zwar in Form von Software-Robots, die zum Teil nach wenigen Minuten automatisch eine Video sperren, wenn die ausgelesene Musik auf eine Rechtsverletzung von GEMA verwalteten Musiken hinweist…

    • Katrin sagt:

      Liebe Eva, ich will Audios für innere und Entspannungsreisen aufnehmen und würde am liebsten mit einem Musiker direkt zusammen arbeiten. Was für Musik macht dein Bruder? Würde mich über eine Nachricht sehr freuen. Liebe Grüße Katrin

  2. Das war ein toller Beitrag und der Hinweis zum Youtube Bibliothek für mich als Geschichtenerzähler und Coach sehr sehr wertvoll. Danke Markus. Nun habe ich außer, GEMA-freie-Internet-Musik eine verlässliche und qualitativ wertvolle Quelle. Perfekt. Bis bald Großer Meister der Präsenz vor der Linse. Mach weiter so und ich freue mich von Dir zu hören. Herzliche Grüße, Alireza

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